Die Feststellung, dass eigentlich das Top Management für Projektmiseren verantwortlich ist und gar nicht so sehr das Projekt selber, hat mir einigen Feedback eingebracht. Eine Person meinte, dass halt Management nicht auf Checklisten reduziert werden könne. Da muss ich mich etwas wundern. Heisst das, dass Projektmanagement aus Checklisten besteht? Das möchte ich bezweifeln. Das ist gerade das Methodenniveau, das z.B. der PMI-Sicht entspricht. Andererseits stelle ich mich auf den Standpunkt, dass Projektmanagement Unternehmensmanagement auf Zeit ist. Der Projektleiter trifft unter Umständen noch turbulentere Situationen an, als der CEO einer Unternehmung, weil ein Projekt ein Unternehmen im Zeitraffer ist. Wenn also die Tätigkeit eines CEO nicht durch Checklisten unterstützt werden kann, dann erst recht nicht das des Projektmanagers, oder vice versa. Sowohl das Top Management als auch das Projektmanagement leiden unter denselben Defekten. Sie nehmen sich nicht genügend Zeit, ihr Tun zu reflektieren und sind in kognitiven und systemtheoretischen Belangen ungenügend ausgebildet.
Eine andere Person hat gemeint, dass es klar sei, dass das Top Management an Projektmiseren schuld sei, denn Projektleiter könne man ja ausbilden. Auch da wundere ich mich. Weshalb kann man denn Manager nicht auch ausbilden? Leider glauben fast alle Manager, sie seien allem Wissen erhaben und bräuchten keine Trainings. Spitzensportler und Spitzenmusiker trainieren und üben 10 Stunden täglich und haben einen Coach. Alles nur, um ein paar wenige Tage pro Jahr in Wettkämpfen und Konzerten aufzutreten. (Schlechte) Spitzenmanager glauben oft, ohne Training und Coach auszukommen. Manager, darauf angesprochen, antworteten mir, dass sie laufend in Ausbildung seien, nämlich während sie arbeiteten, also „on the job“. Auch Sportler und Musiker lernen dazu, wenn sie auftreten. Das genügt aber nicht. Sie reflektieren mit ihrem Coach und Lehrer über ihre Technik und ihr Können. Wer im Job Fehler macht, nimmt das meist nicht bewusst wahr, weil die Feedbackzeiten zu lang sind und er seine Aufmerksamkeit auf anderes fokussiert. Nur Reflexionsübungen ausserhalb des Jobs bringt seine Verhaltens- und Denkmuster ins Bewusstsein
Deine Aussage deckt sich mit meiner – es entsteht schnell eine Art „Betriebsblindheit“. Als externer Projektmanager gelingt es mir recht leicht, diese Probleme zu erkennen und die Verkrustungen aufzubrechen. Einmal erkannt, ist das Top-Management gerne bereit, mich für Coaching zu engagieren.
Abgehakt 😉