Ein (soziales) System muss sich laufend an die Umwelt anpassen, mit der es hauptsächlich durch Kommunikation interagiert. Die Anpassung manifestiert sich in Veränderungen, die das System durchläuft. Veränderungen können die Dimensionen Ziele, Absichten, Strategien, Struktur, Kultur, etc. betreffen. Anpassung an die Umwelt ist aber nicht der einzige Auslöser von Veränderungen. Veränderungen geschehen sogar in isolierten System aufgrund des Entwicklungs- und Reifeprozesses.
Natürlich geschehen die Veränderungen nicht in regelmässigen Abständen, aber nach einer hinreichend langen Zeit können wir die Anzahl Veränderungen durch die verstrichene Zeit dividieren, um eine durchschnittliche Veränderungsrate zu erhalten, die in Anzahl Veränderungen pro Zeiteinheit gemessen ist, z.B. fünf Veränderungen pro Woche. Nach jeder Veränderung hat das System einen anderen Zustand, z.B. nach der i-ten Veränderung Vi hat es den Zustand Zi. Die Zustände können sich alle grundlegend unterscheiden, einige können sich gleichen oder sogar identisch sein. Nach einer Veränderung kann diese u.U. wieder rückgängig gemacht werden, wenn sie sich nicht bewährt hat. So wurde im Jahre 2005 in Zürich mit einer neuen Kantonsverfassung das konstruktive Referendum eingeführt, das sich jedoch nicht bewährt hat. Daher wurde es 2012 per Volksabstimmung wieder abgeschafft. Betreffend Volksrechten hatte damit das Zürcher Volk wieder denselben Zustand wie 2005 (selbstverständlich hat es aber in den verstrichenen sieben Jahren bezüglich anderer Dimensionen viele Veränderungen durchlaufen).
Veränderungen, die zurück genommen werden können, sind aber selten nachhaltig. Unter den Begriff „nachhaltig“ verstehe ich eine Veränderung, die auch „danach noch hält“, also nicht verwässert und vergessen werden kann. Viele Veränderungen sehen so aus:
Nachhaltige Veränderungen sind hingegen irreversibel. Auf ihnen können weitere Veränderungen aufbauen. Nach einer nachhaltigen Veränderung ist das System in einem neuen Zustand. Tatsächlich sind zwei Zustände nie exakt gleich. Dennoch können sich zwei Zustände mehr oder weniger gleichen oder unterscheiden. Den Betrag, um den sich zwei aufeinanderfolgende Veränderungen unterscheiden, nennt man Stufenhöhe. Sie gibt an, wie weit zwei aufeinanderfolgende Zustände voneinander entfernt sind. Veränderungen geschehen immer nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip, d.h. eine Veränderung hat eine charakteristische Stufenhöhe.
Gerade von kurzlebigen Systemen, wie z.B. Projekten, erwartet man geplante und entwicklungsbedingte Veränderungen. Jeder Projektfortschritt bedeutet eine Veränderung des Projektsystems. Die Zustände, die ein Projekt durchläuft, glaubt man aufgrund des Projektplans antizipieren und in die eigene Erfahrung einpassen zu können. Leider stellt sich fast in jedem Projekt heraus, dass das ein Irrtum ist. Die Veränderungen, die ein Projekt tatsächlich erfährt, sind meist nicht vorhergesehen und ihre Stufenhöhen übersteigen die Erwartungen.
Wir können nun definieren:
Je grösser die Veränderungsrate eines Systems und je unterschiedlicher die Zustände, die es durchläuft, desto komplexer ist das System
Wenn die Stufenhöhen gering sind, kann der Erfahrungsaufbau auch bei relativ hoher Veränderungsrate nicht Schritt halten. Bei grossen Stufenhöhen sind die Zustände derart neu, dass Erfahrung und Intuition versagen, vor allem, wenn auch die Veränderungsrate hoch ist.
Hallo Peter,
ein sehr schöner Artikel.
Aus meiner Sicht ist der folgende Auszug: „(selbstverständlich hat es aber in den verstrichenen sieben Jahren bezüglich anderer Dimensionen viele Veränderungen durchlaufen).“ der Wichtigste, weshalb dieser auch nicht in Klammern stehen sollte. So selbstverständlich ist diese Erkenntnis nämlich nicht, wenn man sich in der Praxis umschaut. Viel zu oft wird geglaubt, eine Entscheidung einfach so zurücknehmen zu können und Alles wäre beim Alten. Die Zeit läuft aber eben nur in eine Richtung, was dazu führt das Entwicklungen in einem System auch nur in eine Richtung ablaufen, von der Vergangenheit in Richtung Gegenwart und Zukunft.
Beste Grüße,
Conny
Oh ja, lieber Conny, da hast Du völlig recht. Die Bemerkung steht in Klammer, weil es eben etwas ganz wichtiges ist, über das ich einen eigenen Blogeintrag schreiben werde. Aber immerhin habe ich den Begriff „Irreversibilität“ auch schon hier benutzt.
Hier ging es mir vielmehr wieder einmal um den Begriff der Komplexität, mit dem ich wahrscheinlich mein Leben lang kämpfen werde. Irgendwie versuche ich, mein Verständnis von Komplexität mit dem der meisten Menschen in Einklang zu bringen und hoffte, der Erfüllung dieses Wunsches durch meine Analyse näher zu kommen.
Herzlichst,
Peter
Lieber Peter
„Ein (soziales) System muss sich laufend an die Umwelt anpassen, mit der es hauptsächlich durch Kommunikation interagiert. Die Anpassung manifestiert sich in Veränderungen, die das System durchläuft. Veränderungen können die Dimensionen Ziele, Absichten, Strategien, Struktur, Kultur, etc. betreffen. Anpassung an die Umwelt ist aber nicht der einzige Auslöser von Veränderungen. Veränderungen geschehen sogar in isolierten System aufgrund des Entwicklungs- und Reifeprozesses.“
Deine Ausführungen untermauern den Auslöser, warum ich den Begriff Autodynamik in die Welt gesetzt habe:
http://www.tural.de/management-modell/autodynamik-autodynamic
Mit dem Begriff der Komplexität wirst nicht nur Du, sondern wir -sämtliche Sinn-Sucher der Erde-, unser Leben lang kämpfen. Es ist auch gut so. Sonst würden wir nicht überleben.
Ich freue mich auf weitere Denkimpulse von Dir für virtuelles Pink Pong Thinking.
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