Integration ist Lernen

Kürzlich kaufte ich mir ein Garmin etrex GPS zum Inline Skaten. Die Vision war, dass ich eingeben kann, ich möchte von A nach B und das Gerät würde mich über asphaltierte Fahrrad- und Fussgängerwege lenken. Natürlich wusste ich, dass es so etwas (noch) nicht gibt (warum eigentlich? Technisch wäre das ja einfach realisierbar). Ein Unternehmen muss laufend innovative Angebote auf den Markt bringen. Es kann auch dann zu einem Wettbewerbsvorteil kommen, wenn das Angebot noch nicht ganz den Visionen entspricht oder sogar noch wenig ausgereift ist. Das Unternehmen, das mit einer Idee zuerst auf dem Markt ist, hat meistens die Nase vorn. Aus demselben Grund kaufte ich das GPS trotz meines Wissens, dass es meine Anforderungen nicht erfüllt. Ich war aber neugierig, was sich damit machen lässt. Nun bin ich Inline-GPS-Besitzer und als das lebt es sich anders. Natürlich ist es keine tiefgreifende Veränderung meines Lebens. Aber dennoch muss ich das Gerät in mein Leben einbauen. Es ist ein typisches Intergrationsprojekt. Genauso ergeht es einem Unternehmen, das eine neue Technologie integriert, um ein innovatives Angebot machen zu können oder seine Prozesse innovativ zu verändern.
Am Anfang war zwar eine konkrete Vision oder ein konkreter Wunsch, was das System können sollte. Daraus lässt sich ein vollständiger Anforderungskatalog erstellen und eine sehr genaue Spezifikation schreiben. Alles für die Katz‘. Nachdem ich das Gerät hatte, begann ich zu lernen, was es überhaupt kann, bzw. was es alles nicht kann.
Beispiel 1: Beim Kauf zeigte mir der Verkäufer das beiliegende Kartenmaterial. Da heisst es „Topografische Karte; Grundmassstäbe 1:50 000 und zum Teil 1:25 000“. Das ist doch ‚was. Sofort stellte ich mir die Topologische Karte der Schweiz vor und machte ziemlich grosse Augen, als ich sah, dass 6 Meter breite und asphaltierte Strassen auf der Garmin-Karte bloss als Strich eingezeichnet ist, als wäre es ein Feldweg. Dass sich die modernen Kartenangebote nicht auf Garmin Geräte übertragen lassen, wusste ich auch nicht, denn ich dachte, dass ein bisher erfolgreiches Unternehmen kaum den Fehler begeht, sich mit einem proprietären Standard zu verschliessen.
Beispiel 2: Wenn Sie es im Modus „Fussgänger – der Strasse folgen – Mautstrassen vermeiden“ betreiben, werden Sie laufend auf die Autobahn gewiesen. Sogar dann, wenn Sie zwei Wegepunkte eingegeben haben, die z.B. 20 Meter auseinander liegen. Das Gerät schickt Sie nach Passieren des ersten Wegepunktes über alle erdenklichen Autobahnen und Überlandstrassen zum Wegepunkt 2, nur nicht direkt. Ich lernte, dass ich das Gerät im Modus „Fussgänger – Luftlinie – Mautstrassen vermeiden“ betreiben und die Wegepunkte auf meiner Route derart wählen muss, dass jeweils der nächste per Luftlinie erreichbar ist. Wofür die Einstellungen „Fussgänger“ und „Mautstrassen vermeiden“ gut sind, habe ich noch nicht gelernt.
In einem Integrationsprojekt geht es also darum, das neue System immer besser kennen zu lernen und zu lernen, es möglichst gewinnbringend einzusetzen. Ein Intergrationsprojekt ist somit ein Lernprojekt. Ein Modell eines Intergationsprojekts ist weitgehend ein Modell des Lernens.

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