Olaf Hinz stellt in seinem Artikel über Wirkungsvolles Projektmanagement – Klug statt tapfer gleich zun Beginn fest, dass
… es im Wesen eines Projektes [liegt], dass sich Ziele im Ablauf ändern, Mitglieder das Team wechseln, Termine verändert werden oder der Markt neue Anforderungen stellt
Dennoch glaubt er, ein Projektziel könne „spezifisch, messbar, anschaulich, relevant und terminiert“ sein. Mir scheint das etwas widersprüchlich. Wie ich in Ob Sie wollen oder nicht: Es kommt auf das Selbe heraus erläuterte, können zwar grobe Oberziele durchaus spezifisch und messbar sein, aber Details verändern sich auf der Anforderungsebene laufend, dank neu gewonnenem Wissen über den Projektgegenstand. Da hilft auch keine noch so gute Kommunikation. Begrenzte Kognition kommt sowohl beim Auftraggeber als auch beim Projektleiter vor der Kommunikation!
Hinz hinterfragt zu Recht
formale Vorgehensmodelle, die Veränderungen im Projekt mit starren Plänen und mechanistischen Tools bekämpfen
Jürgen Kriz schreibt dazu
Man nähert sich … dem vagen Ziel, fällt Entscheidungen, und dabei wird das Ziel selbst zunehmend klarer2
Das ist genau mein Standpunkt: die (Detail-)Ziele sind erst bei Projektende klar und verständlich.
Hinz‘ Empfehlung, achtsam alle Ereignisse und Signale aufzunehmen, die im Zusammenhang mit dem Projekt auftreten, befürworte ich mit Applaus.
Achtsamkeit ist ein wesentliches Element erfolgreicher Projektabwicklung. Achtsamkeit gegenüber kleinen Unstimmigkeiten und gegenüber kognitiver Fehlern ermöglicht es, ungewünschte Entwicklungen zu detektieren, bevor sie als unerwartetes Ereignis zuschlagen und das Projekt gefährden3
Im Intuitiv-reflektiven Projektmanagement konzentriert der Projektleiter seine Achtsamkeit vor allem auf folgende Punkte4:
* Wahrnehmungslücken und Hypothesenbildung
* Fern- und Nebenwirkungen von Entscheidungen
* Fehler und Beinahe-Fehler
* Vereinfachende Erklärungen und Interpretationen
* Lücken und Ungereimtheiten in Abwicklungen und Prozessen
* Flexible Adaption von neuem Wissen
1Hinz, Olaf. Wirkungsvolles Projektmanagement – Klug statt tapfer. ALPHA-Ausgabe vom 31. Juli 2010
ebenso unter http://www.webcitation.org/5rhutEH22
2In Jüttemann, G. (Hrsg.). Suchprozesse der Seele – Die Psychologie des Erwägens. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen 2008. S. 61
3Addor, P. Projektdynamik – Komplexität im Alltag. Reinhold Liebig Verlag. Frauenfeld, 2010. ISBN 978-3-9523545-6-8
4Addor, P. Intuitiv-reflektives Projektmanagement basiert auf Achtsamkeit, Blogeintrag vom 29. Juli 2010.
SMART meine ich nicht in dem technokratischen Sinn, wie es die Management by Objectives Junkies in ihrem “If you can’t measure ist, you can’t manage it” Wahn zelebrieren.
Aber das kommt in dem Artikel nicht klar um Ausdruck, das stimmt!
Ich meine, dass es Selbstbewusstsein bei der Auftragsklärung und keine Furcht vor dem Auftraggeber braucht. Wer die Auftragsklärung absichtsvoll und strukturiert betreibt, „erbt“ keinen Projektauftrag, mit dem er sich dann herumschlagen muss. Vielmehr gestaltet er dann ein Projektziel, das den ersten Realitäts- und Machbarkeitstest bereits überstanden hat.
Doch überall lauern die Einladungen, sich nicht als Manager, sondern als Held zu inszenieren. Rasch anzufangen, sich nicht lange mit Zielklärung aufzuhalten, sondern loszulegen und zu machen wird in vielen Organisationen belohnt.
Gründliches Nachdenken und Recherchieren hingegen wird als ängstlich und zu wenig zupackend diskriminiert.