Ausflug in die Heimat Sri Lankischer Flüchtlinge

In der Schweiz leben ca. 50’000 Sri Lankis. Die meisten sind Tamilen aus dem Norden der Insel, die vor dem Bürgerkrieg flohen. Während wir ganz im Süden Sri Lankas wohnen, schauten wir uns in den zwei vergangenen Wochen den Norden Sri Lankas etwas genauer an. Lange Zeit war der Norden und Nordosten des Landes Sperrgebiet, auch noch Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges 2009.

Bürgerkrieg

Es war, als würden sich in der Schweiz Romands und Deutschschweizer gegenseitig in die Luft sprengen, nur weil jeder seinen Dünkel hat. Zwar kommen beide Menschenschläge aus Indien: die Singhalesen etwa vor ca. 2500 Jahren und die Tamilen ca. 200 Jahre später. Aus heutiger Sicht kamen sie also fast gleichzeitig auf die Insel und verdrängten gemeinsam die Veddas, die Ureinwohner Sri Lankas. Die Tatsache, dass Sinhala, wie die Sprache der Singhalesen heisst, zu der grossen indogermanischen Sprachfamilie gehört, während Tamil eine sogenannte dravidische Sprache ist, würde ich so deuten, dass die beiden Ethnien verschiedene Ursprünge haben. Studieren Sie einmal die Karte der Sprachfamilien!

Typische Küstenlandschaft im Norden: Wasser, Lagunen, Sümpfe

Tamil wird sowohl in Südindien als auch im Norden Sri Lankas gesprochen, während der Norden Indiens sowie der Süden Sri Lankas indoeuropäisch spricht. Und Sie wissen ja: „Die Sprache beeinflusst die Art und Weise unserer Wahrnehmung und Interpretation“ (Edward Sapir). Die beiden nehmen die Welt unterschiedlich wahr und interpretieren das Wahrgenommene anders, weil sie andere Worte brauchen. Dazu kommt, dass die Singhalesen glauben, sie seien das auserwählte Volk Buddhas. Das kommt uns irgendwie bekannt vor, waren doch die Juden nach dem Erlebnis Abrahams auf dem Berg Sinai das auserwählte Volk Gottes. Leider nahm das die singhalesische Mehrheit wörtlich und schloss Tamilen kurzum aus Regierungsämtern, akademischen und militärischen Karrieren aus. Das erzürnte die Tamilen natürlich, vor allem nachdem sie unter den Engländern privilegiert gewesen waren. Und so schlugen sich die beiden Bevölkerungsgruppen zwischen 1983 und 2009 die Schädel ein. Mir scheint, die 100’000 Todesopfer waren durch Religionswahn, verletztem Stolz und Eitelkeit motiviert.

Go North

Der Krieg fand vor allem in den tamilischen Gebieten im Norden und Nordosten statt. Nachdem die Singhalesen vor 2500 Jahren eingewandert sind, machten sie das berühmte Anuradhapura in der nördlichen Zentralprovinz zu ihrem Hauptsitz. Bis dort ist Sri Lanka auch heute noch buddhistisch. Viele Touristen pilgern nach Anuradhapura, um die Tempelanlagen zu bewundern. Ich war noch nie dort, weil ich mit Sakralbauten wenig anfangen kann. In Europa kann ich mich an der Architektur etwas erwärmen, aber die Architektur asiatischer Sakralbauten ist mir zu fremd, als dass sie mich interessieren würde. Die negativen Energien, die ich in sogenannt „heiligen Stätten“ verspüre, stossen mich vollends ab. 

Um in die tamilischen Gegenden zu gelangen, mussten wir also schon sehr nördlich gehen. Wir starteten in Negombo, eine Stadt etwas nördlich von Colombo gelegen. In Negombo befindet sich auch der Flughafen. Dort trafen wir unsere Freunde, die von den Malediven kamen und die nächsten paar Wochen hier verbringen wollen. Mit ihnen werden wir uns auf die Nordtour begeben.

Eine hinduistische Strassenkapelle

Wenn man die Karte Sri Lankas anschaut, so fallen einem die „Wurmfortsätze“, Halbinseln und Inseln an der Nordwestküste auf sowie die Lagunen an der Nordostküste. Diese „Wurmfortsätze“, als langgezogene Halbinseln, haben es mir angetan und ich stellte mir vor, jeweils mit flatternden Kleidern an der vordersten Spitze zu stehen und in den Wind hinein zu fotografieren. Der erste Zwischenhalt fand dann auch auf der Halbinsel Kalpitiya statt. Nach meiner Vorstellung sollten wir bis zur Uchchimuni Beach fahren können, wo auf Google Maps ein Fotoapparat als Zeichen besonders lohnender Motive steht. Der POV (Point of View) ist mit 4.8 von 5 Punkten bewertet. Ich freute mich auf’s Fotografieren. Unser Kleinbus kam indess nicht weit! Schon ganz zu Beginn des Damms wechselte die Strasse von Asphalt- zu Naturbelag mit entsprechenden Dellen und Löcher. Die unverständlich kleinen Räder, die solchen Autos eigen sind, liessen eine Weiterfahrt nicht zu. Wir schauten uns dann ersatzweise an der Kudawa Beach um, die auf Google Maps ebenfalls ein Fotoapparatzeichen hat.  

An der Kudawa Beach. Die Vegetation auf den Dünen sind harte und äusserst robuste Dornengewächse. Im Hintergrund Windräder, wie sie hier im Norden allgegenwärtig sind.

Vor der Weiterfahrt musste unser Fahrer noch tanken. Er hielt an der nächsten Tankstelle und tankte 20 Liter, was unter uns Passagieren zu Stirnrunzeln Anlass gab: warum bloss 20 Liter? Das ist die Ration Benzin, die jedem Auto in Sri Lanka pro Monat zur Verfügung steht! 20 Liter, keinen Tropfen mehr. Das ist eine völlig sinnlose Vorschrift! 20 Liter reichen nicht einmal aus, um zum Flughafen (und zurück) zu fahren. Wie soll da einer, der von Taxifahrten lebt, sein Geschäft betreiben können? Wir fürchteten schon, dass unsere Tour an der nächsten Weggabelung enden wird und wir per Bus nachhause zurück fahren müssen. Es stellte sich heraus, dass der Fahrer ein ganzes Bündel solcher 20-Liter-Rationen hatte. Er sammelte sie vorher bei Freunden ein, die ihren Wagen nicht benutzen. Über die Benzinknappheit habe ich hier und hier berichtet.

Dschungelcamp

Als nächstes peilten wir die Stadt Mannar an. Dazu mussten wir den Wilpattu Nationalpark umfahren. Das gab uns Gelegenheit, in einem Dschungelcamp Zwischenhalt zu machen. Man nächtigte in südafrikanischen Zelten. Das war sehr abenteuerlich, aber in der Nacht froren wir wie Schlosshunde. Der Abend war allerdings einsame Spitze. Auf einer Wiese neben einem Tümpel waren weiss gedeckte Tische um ein zentrales Lagerfeuer angeordnet. Zum Essen wurde sogar Wein offeriert! Es war ein wunderbarer Abend, voller nächtlicher Stimmen der Wildnis.

Im Dschungelcamp

Am anderen Morgen war frühes Aufstehen angesagt. In einem Safari-Jeep ging es in den Park, den wir bei Sonnenaufgang erreichten. Und wir hatten Glück! Ziemlich schnell gelangten wir in einen Jeepauflauf. Was ist denn jetzt? Unser Jeep setze vor, dann wieder zurück, als wäre er ein Güterwagen, der auf einem grossen Rangierbahnhof hin und her bewegt würde. Man munkelte, dass sich ein Leopard in der Nähe aufhalte. Wo? Ich sehe nichts! Konspirativ flüsterte der Fahrer etwas zu ihm am nächsten sitzenden Passagier, der es weitergab. So gelang es auch mir, den Leoparden in vielleicht etwa 20-30 Meter Entfernung zu erspähen. Ein majestätisches Tier! Aufgrund fehlender Konkurrenten, wie Löwe und Tiger, sind die Sri-Lanka-Leoparden im Vergleich zu seinen Verwandten in anderen Ländern etwas grösser. Im Park gibt es unzählige Hirschtiere. Der Leopard ist gut genährt. Er schlendert lässig auf seinem Pfad daher. Plötzlich bleibt er stehen und schaut sich um. Erst jetzt wird er die lange Wagenburg gewahr, die seinen Weg säumt. Das wird ihm jetzt doch etwas zu viel. Er beginnt zu laufen, nicht panisch, sondern mit sehr elegant weiten Sprüngen. Schnell hat er die Reihe von Jeeps umrundet und ist im Dschungel verschwunden. Eine tiefe Befriedigung macht sich mir bemerkbar. 

Gemütliches Abendessen in der Wildnis (l, Foto: Urs Zwyssig) und anderntags bei Sonnenaufgang im Park (r)
„Unser“ Leopard! Foto: Urs Zwyssig

Nach diesem tollen Erlebnissen ging es also endgültig nach Mannar. Das war ja eine trostlose Gegend! Als erstes wurde uns eine Unterkunft angeboten, die sich als völlig tourismusuntauglich erwies. Das Bett war mit zu kleinen Laken angezogen, ein Oberleintuch fehlte, dafür gab es eine nicht über alle Zweifel erhabene Wolldecke. Die Dusche war einfach in die Toilette integriert, wie man das von Yachten her gewohnt ist. Das wäre zwar kein Problem, wenn nach dem Duschen das Toilettenpapier nicht in feuchten Fetzen von der Rolle hing und man ein Bodentuch gehabt hätte. Danach hatten wir Hunger und wollten in einem Restaurant etwas essen. Uns schwebte Reis und Curry vor. Im ersten Restaurant sagte uns der Wirt, er habe kein Reis. In der Innenstadt fanden wir kein passendes Restaurant. Viele waren geschlossen, die anderen boten keine Gelegenheit, um draussen zu essen. Und in ein dunkles stickiges Lokal wollten wir nicht gehen. Reuig gingen wir wieder in das erste Restaurant zurück, wo sich heraus stellte, dass es doch Reis gibt. Irgendwie haben wir etwas falsch verstanden. Im lauschigen Gärtchen sassen an einem Tisch zwei Moorsfrauen. So werden die Muslims Sri Lankas genannt. Die Moors sehen sich als Nachfahren arabischer Händler (Moors = Mauren). Sie sprechen Tamil. Die beiden Frauen in ihrer Abaya und mit Kopftuch fielen mir auf, weil es bekanntlich in rein islamischen Ländern nicht üblich ist, dass zwei Frauen alleine in ein Restaurant gehen. Ich freute mich, dass das hier so selbstverständlich ist.

Ein Seeadler lugt in’s Land

Die Adamsbrücke

Auch Mannar liegt an einer Wurmfortsatz-Insel. Es ist das eine Ende der Adamsbrücke, einer Landverbindung zwischen Indien und Sri Lanka.

Diesmal kamen wir bis ganz nach vorne. Die letzten 500 Meter mussten wir zu Fuss gehen. Dort hielt ein sehr junger und sehr kleiner Soldat in Kampfanzug und neongelben Gummistiefeln eine Kalaschnikow in den Armen. Ob er eine indische Invasion via der Adamsbrücke erwartete? Ein anderer Mann – ich weiss nicht, ob es seine Ablösung war oder ein Zivilist – fütterte derweil einen Wurf junger Hunde, die tollpatschig in der typischen Beachvegetation spielten. 

Die Adamsbrücke wurde von einer Horde Hanumanaffen gebaut, damit der indische Gottkönig Rama seine Frau Sita aus den Klauen des Dämonenkönigs Ravana befreien konnte, der sie auf Sri Lanka gefangen hielt. Die Brücke ist nicht zusammenhängend, aber für Seeschiffe dennoch unpassierbar. Ein Kanalprojekt wurde 2018 gerichtlich abgewendet. Was offenbar nie zur Diskussion stand, ist der Ausbau der Brücke zu einer Strassenverbindung zwischen Indien und Sri Lanka. Offenbar haben beide Seiten kein Interesse daran. Es gibt dort an der engsten Stelle auch keine vernünftige Fährverbindung. Wenn Sie in Google Maps eine Route suchen, um vom indischen Rameswaram zum 50 Km entfernten Mannar zu gelangen, schickt Sie der Planer auf eine 1500 Km lange Reise! Zunächst müssen Sie in Indien ca. 500 Km nördlich fahren, um dort eine Fähre zu besteigen, die rund um Sri Lanka herum fährt bis nach Colombo, von wo Sie dann quer durch die Insel nach Mannar fahren können. Von hinten durch die Brust in’s Auge! 

Eine Fischereiszene in Jaffna

Nachdem wir Mannar verlassen hatten, war unser nächstes Ziel endlich Jaffna, die nördlichste Stadt Sri Lankas. Jaffna liegt auf einer – je nach Sichtweise – Halbinsel oder Insel und ist vom übrigen Land zumindest etwas separiert. Die Halbinsel hat ein bisschen die Form eines Pferde- oder Kamelkopfes und franst gegen Westen hin aus. Dort bröckelt die Jaffnainsel regelrecht in einzelne Inselchen ab. Zuvorderst befindet sich die Insel Delft, auf tamilisch Nedunthivu genannt, die wir eigentlich mit einem Boot besuchen wollten. Jetzt waren wir nicht mehr so sicher, denn es ist alles weiter auseinander, als es auf der Karte den Anschein macht. Zudem gibt es auf Delft einfach nix. Wenn unter „Sehenswürdigkeiten“ steht: „Die Strände der Insel sind kaum erschlossen und die Ruinen einer niederländischen Festung kaum noch erkennbar“, dann gibt’s dort einfach nichts zu sehen.

Hinduistische Heiligenstätte

Die ersten Inseln gegen Delft hin, heben sich etwas ab, so dass sich zwischen der Jaffnainsel und der Inselgruppe zwei grosse Lagunen wie die Nüstern des Kamelkopfes präsentieren. Es sieht aus, als wäre die Inselgruppe durch drei robuste Dämme mit der Jaffnainsel verbunden. Wir wollten mindestens über diese drei Brücken gehen. Aber denkste!

Das Nordkap

Beim Brückenkopf des ersten Damms war das niederländische Fort von Jaffna. Das schauten wir uns ziemlich genau an. Dann starteten wir unsere Dreiinselfahrt. Vom Fort aus auf die Insel Kayts dauerte schon mal fast eine Stunde. Dann mussten wir eine weitere gute Stunde fahren, bis wir auf der vordersten Insel Punkudutivu waren, von wo auf wir Delft sehen sollte. Dem war aber nicht so. Delft war zu weit entfernt, als dass man mehr als ein dunkler Streifen am Horizont hätte sehen können. Nach einer Tasse Tee fuhren wir wieder zurück auf Kayts, von wo wir über den nächsten Damm auf die Insel Karainagar wollten. Aufgrund der bisherigen Fahrzeit – die Strassenbeläge der Dämme sind schlecht – schätzte ich, dass wir erst bei Einnachten zuhause sein werden, was eigentlich nicht unserer Vorstellung entsprach. Beim Anfahren des nächsten Damms entdeckte ich, dass dieser eigentlich bloss aus einer Fähre bestand, die nicht grösser ist, als die Basler Münsterfähre.

Dämme, Dämme und nochmals Dämme

Ein Kleinbus hätte da nicht drauf gepasst. Ich schlug dann vor, die direkte Verbindung von Kayts zur Jaffnahalbinsel zu nehmen. Doch auch diese entpuppte sich als unpassierbar. Dafür steht dort eine Gedenkstätte mit den Fotos von ca. einem Dutzend Offizieren, die mit ihren Jeeps auf eine grössere Mine auffuhren und in die Luft gesprengt wurden. Was von den Fahrzeugen übrig geblieben war, ist heute als Mahnmal ausgestellt. Da der Damm unpassierbar war, blieb uns nichts anderes übrig, als den gleichen Weg zurück, wie wir gekommen sind. Wieder auf der Jaffnainsel angekommen, fuhren wir nordwärts, um das Kap Sakkotei zu erreichen, der nördlichste Punkt Sri Lankas. Obwohl er nur ca. 25-30 Km entfernt war, benötigten wir dorthin wieder eine Stunde. Der Punkt selber war eher unspektakulär. Aber immerhin: wir waren am südlichsten Punkt in Dondra und standen jetzt am nördlichsten Punkt. Wenn es dort doch bloss die Möglichkeit gäbe, sich hinzusetzen und einen Tee oder ein kühles Bier zu geniessen! Dafür ragt eine überlebensgrosse Statue eines katholischen Heiligen aus dem Meer. Das Gebiet um das Kap Sakkotei wird auch Point Pedro genannt wird, was nicht der Name des Heiligen ist, sondern vom portugiesischen „felsige Spitze“ herrührt.

Am Nordkap

A propos „katholisch“: Der ganzen Norwestküste entlang steht eine katholische Kirche neben der anderen. Man könnte meinen, die Gegend sei weder tamilisch-hinduistisch noch islamisch, sondern fest in Roms Hand. Zugegeben, zwischen je zwei katholischen Kirchen steht dann doch jeweils ein auffälliger hinduistischer Tempel. Die Katholiken säumen ihre Kirchen mit überlebensgrossen biblischen Figuren, die sie kitschigerweise zur Schau stellen. Da in buddhistischen Gegenden alle paar 100 Meter ein zufrieden lächelnder Buddha sitzt, jeder zwischen 3 und 53 Meter gross, denken wohl die Katholiken, dass auch sie mit riesigen Heiligenstatuen aufwarten müssen, um nicht in’s Hintertreffen zu geraten. Mitten auf dem Hauptkreisel des Dorfes steht nicht selten ein Uhrenhäuschen, das ebenfalls einer biblische Figur gut sichtbar Unterschlupf gewährt. Die Puppen sind leider alles andere als Kunstobjekte. Etwa 7.5 Prozent der Sri Lankischen Bevölkerung ist katholisch.

Eine der vielen katholischen Kirchen (l) und eine Marienstatue (r, Foto: Simone Zwyssig)

Jaffna unterscheidet sich nicht von anderen Sri Lankischen Städten. Es ist ebenso eine Aneinanderreihung von offenen Wellblechhütten, die mit Werbetafeln unsichtbar gemacht werden, wie z.B. in Matara auch. Einen Mentalitätsunterschied zwischen den dortigen Tamilen und den hiesigen Singhalesen konnte ich in der alltäglichen Dynamik des Stadtlebens nicht wahrnehmen. Jaffnas recht grosser Markt bietet dieselben Waren an, wie andere Märkte auch und die Händler quatschen einem auch dort von rechts und links an und fragen, woher man komme und wohin man gehe. Auch im Essen habe ich wenig Unterschiede bemerkt. Reis and Curry ist Reis and Curry. 

Und dann erwischte mich Covid, so dass ich für die nächsten 4 Tage flach darnieder lag. In Jaffna waren wir in einem sehr schönen Resort untergebracht. Einzig die vielen frechen Krähen waren eine Plage. Nach Jaffna gingen wir wie geplant weiter nach Trincomale und Batticaloa, zwei Städte an der Nordostküste. Um von Jaffna nach Trincomale zu gelangen, mussten wir über den Elefantenpass fahren. Die Lagune dort ist so seicht, dass der Damm mit Elefanten gebaut werden konnte, was den Namen rechtfertigt. Der Elefantenpass war während des Bürgerkriegs hart umkämpft. Ein Kriegsdenkmal und ein durchlöchertes Panzerwrack zeugen heute vom sinnlosen Schlachten.

Das Kriegsdenkmal am Elefantenpass (Foto: Urs Zwyssig)

Militärpräsenz

In Trincomale logierten wir im Trinco Blue by Cinnamon, einer Art Traumhotel. In der Tat gefiel es mir sehr, wenn man auch dort von den Krähen fast aufgefressen wurde. Sie hatten Unterstützung durch streunende Hunde, die vor der Tür des Bungalow schliefen und einem nachliefen, wenn man den Bungalow verliess. Trotz meiner Coviderkrankung ging ich, mit Maske bewehrt, zwei oder dreimal durch den schön angelegten Park spazieren, um ihn mir etwas genauer anzusehen. Mich faszinierten die imposanten Bäume. Einer streckte einen ausladenden Ast aus, der den Boden fast berührte. Am liebsten wäre ich darauf nach oben balanciert. Aber wegen des Virus war mir immer noch etwas schwindelig, so dass ich meinen Wunsch unterdrückte. Woanders stand ein spezieller Banyonbaum, wie ich alle Würgefeigen nenne. Der Banyan wächst direkt auf dem Geäst eines Wirtsbaumes. Er macht Luftwurzeln, die in langen Fäden herunterhängen. Erreichen sie den Boden, wachsen sie als echte Wurzeln weiter und es kommt zu einem Wachstumsschub. Die herunterhängenden Luftwurzeln können zusammenwachsen und so etwas, wie einen Stamm bilden. Das geschieht rund um den Wirtsbaum, der schliesslich erdrückt wird und abstirbt. Daher sind alte Banyons innen hohl. Der Wirtsbaum desjenigen Banyon im Trinco Blue, der es mir angetan hatte, ist offenbar eine Kokospalme. Mitten aus dem Wurzelgewirr ragt sie bolzengerade in den Himmel.

In Jaffna sitzt frau quer auf dem Soziussitz

Ansonsten konnte ich aus meinem Krankenzimmer direkt in den Park und auf’s Meer schauen. Eines Tages traute ich meinen Augen nicht. Stand da nicht ein schwerbewaffneter Soldat in Kampfanzug im Garten? Na sowas! Ich ging raus und schaute mir die Szene an. Tatsächlich standen etwa ein halbes Dutzend Wachen im Park herum, während vor der Küste ein Kanonenboot patrouillierte. Und das alles wegen des Bürgerkriegs, der doch nun seit 14 Jahren vorbei ist?! Später wurde mir erzählt, dass sich der Präsident des Landes angekündigt habe. Das war mir dann doch zu viel der Ehre. Wie hat er bloss herausgefunden, dass wir im Trinco Blue sind? Es stellte sich dann aber enttäuschenderweise heraus, dass er gar nicht unseretwegen gekommen war. 

Batticaloa ging an mir gänzlich vorbei. Wir übernachteten dort auch nur, weil es von Trinco nach Tangalle, wo wir wohnen, eine zu lange Strecke ist, um in einem Aufwisch zu nehmen.  Auf all den Fahrten durch den Norden mussten wir mit dem Bus immer wieder auf die gegenüberliegende Fahrbahn ausweichen, weil die Menschen frisch gepflückten Reis kurzerhand auf der Strasse zum Trocknen auslegten und so eine Fahrbahn über hundert Meter einfach usurpierten. Das scheint hier so Mode zu sein und niemand stösst sich daran. Aber es fährt auch niemand einfach über den Reis!

Reis wird auf der Strasse zum Trocknen ausgelegt. Für den Verkehr bleibt nur noch eine Fahrbahn übrig

Die Tour war eindrücklich und ich lernte sogar ein tamilisches Wort. „Danke“ sagt man auf tamilisch so, dass es wie „Nandri“ klingt, während die Singhalesen „Stutti“ sagen. Es ist, wie in diesem kurzen Überblick über Sri Lankas Geschichte steht:

Trotz allen Fehden sind sowohl die Tamilen als auch die Singhalesen sehr liebenswürdige und freundliche Menschen und haben ihre Gastfreundschaft durch alle Kriegswirren und Katastrophen hindurch bewahrt. Ich hoffe, dass jetzt beide Bevölkerungsteile gleichberechtigt sind, damit sie sich dauerhaft vertragen können.

Palmplantagen (ICM – Intentional Camera Movement)

P.S. Wieder zuhause, habe ich mich vollständig und ohne Folgeschäden von meiner Coviderkrankung erholt.

4 Antworten auf „Ausflug in die Heimat Sri Lankischer Flüchtlinge“

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