Unser Ziel war von Anfang an Sri Lanka, das wir ja zu unserem Winterquartier machen wollten. Von Los Angeles aus mussten wir also westwärts ziehen. Der Sprung ist aber gerade etwas gross. In Hawaii hat Barbara eine alte Tante, Reeta, die sie gerne wieder einmal treffen möchte. Das gibt einen willkommenen Zwischenhalt.
Honolulu
Honolulu ist eine moderne, aber typisch amerikanische Grossstadt. Mit „typisch amerikanisch“ meine ich, dass die Bauweise im allgemeinen etwas improvisierter ist, als in Europa. Beispielsweise sind die Wohnhäuser an der Peripherie hauptsächlich aus Holzbretter gebaut, oft wenig oder gar nicht unterkellert und der bilderbuchtypische Wildweststil lässt grüssen. Im Kern jedoch sind Grossstädte auf der ganzen Welt gleich: ein Dschungel an glas- und metallbasierter Hochhausarchitektur.
Von der alten hawaiischen Kultur habe ich wenig verspürt. Nur bei der Ankunft werden einem Blumen- und Muschelketten um den Hals gehängt. Das ist so ein Ritual und wird ziemlich durchgängig gepflegt. Nur, was will man mit solchen Ketten anfangen? Wir liessen sie denn auch in Hawaii zurück.
Reetas Haus liegt am Hang im Norden von Honolulu, ein paar Dutzend Meter oberhalb der Stadt. Das gibt einen grossartigen Ausblick auf Stadt und Meer
Vulkanrand
Von Reetas Haus aus gesehen, wird Honolulu im Osten von einem Kraterrand begrenzt. Es ist der Diamond Head, ein 230 Meter hohes Überbleibsel zweier Vulkaneruptionen, die allerdings vor fast 3 Millionen Jahre stattfanden.
Natürlich wollten wir diese Erhebung besteigen, denn das gibt sicher einen schönen Ausblick auf die Stadt. Beim Eingang hat es viele Touristen und paar Shops. Dann fängt der Aufstieg an. Im oberen Teil gibt es nur enge Treppen und Leitern.
Waikiki
Schon bei der Ankunft haben wir Busse gesehen, die mit Waikiki angeschrieben sind. Das ist ein mondänder Stadtteil Honolulus mit einem weltbekannten Strand. In Waikiki gibt es viele mondäne Hotels und Apartmenthäuser. Der Strand selber ist tatsächlich sehr nett, vor allem bei Sonnenuntergang. Aber es ist ein Strand unter anderen.
Am Gehsteig steht eine Surfer Skulptur, weil Hawaii ja für den Surfsport bekannt ist. Der Hawaiianer Duke Paoa Kahinu Mokoe Hulikohola Kahanamoku ist der Begründer des modernen Wellenreitens. Hinter der Surfer Statue steht ein Banyan Baum vom Feinsten. Er ist gut gepflegt und macht hunderte von Luftwurzeln. Wir erfreuten uns daran fast mehr, als an der Waikiki Beach.
A propos „Surfen“: Ich war auf die meterhohen Wellen gespannt, die die professionellen und waghalsigen Surfer „nehmen“, aber ich habe keine Spur davon gesehen. Ausser paar netten kleinen Brandungswellen gab es nichts, was surfwürdig gewesen wäre. Wir sind um zwei hawaiische Inseln herum gefahren, haben sie auf der Ost- und auf der Westseite inspiziert, aber nirgends auch nur eine Spur von hohen Wellen gesehen, wie sie auf den Ansichtskarten dargestellt werden.
Ich glaube, das ist nur eine Standortmarketing-Lüge. ? Es gibt zwar Bier auf Hawaii, aber keine grossen Surfwellen. Wenn in Sri Lanka, wo es Surf-Weltmeisterschaften gibt, ein Touristenbus auftaucht, mache ich jeweils spasseshalber die Bemerkung, dass es sich bestimmt um hawaiianische Touristen handle, die einmal eine richtige Brandung sehen wollen.
Kilauea
Auf der grossen Insel liegt der Vulkan Kilaue, von dem uns unser Geographielehrer, Hervé Leu, erzählt hat. Auf Big Island haben wir uns ein AirBnB genommen, eines von fünf farbigen Häusschen.
Big Island besteht oberflächlich fast vollständig aus erkaltetem Lava, das teils wie eine frisch gepflügter Acker aus schwarzer Erde aussieht, teils wie eine zusammenhängende glasige Decke.
Wir wanderten durch eine alte Caldera des Kilaueas, wo schon wieder Pionierpflanzen gedeihen. An einem anderen Ort der Insel befindet sich der rauchende aktive Schlot des Vulkans, den man von einer Plattform respektvoll bewundern kann, die sich in vielleicht einem knappen Kilometer Entfernung befindet. Es gibt einen laufenden Lavastrom, der sich im Süden dampfend in’s Meer ergiesst. Der Kilauea ist nicht explosiv und unberechenbar.
Er speit keine Lapilli und Bomben. Allenfalls kennt er Solfataren, Soffionen und Fumarolen, wie Hervé Leu uns beibrachte. Die zähflüssige, langsam fliessende Lava lässt jedes Jahr ein neues Feld hinter sich. Auf den alten Lavaströmen stehen wieder Häuser, meist auf Stelzen. Wir mieteten Fahrräder, um über die Lavaströme der letzten Jahr zu fahren, in der Hoffnung, irgendwo auf den aktuellen zu treffen.
Irgendwie fanden wir nicht, was wir suchten, aber jemand erzählte uns, dass man über einen alten Lavastrom wandern könne und dann zum aktuelle kommen. Das wollte ich sehen! Allerdings soll sich der aktuelle Lavastrom 4 -5 Kilometer entfernt befinden, wofür ich mindestens 1,5 Stunden veranschlagte, denn so ein erkaltetes Lavafeld ist hügelig, schroff und löcherig. Es lässt sich nicht gut darauf laufen. Ich wäre dann also mindestens drei Stunden unterwegs, wenn nicht länger. Da Barbara nicht mitkommen wollte, müsste sie solange warten, ohne mich genau orten zu können, denn der Internetempfang liess zu wünschen übrig. Es war leicht, sich in diesem unwegsamen Gelände ohne Wegmarken zu verirren oder gar einen Knöchel zu brechen. Das Unterfangen war nicht gerade risikolos.
Ich gab mir also Mühe, einerseits möglichst rasch voranzukommen, andererseits sehr achtsam zu sein, um keinen Unfall zu machen. Nach ungefähr einer Stunde konnte ich den aktuellen Lavastrom sehen, der sich quer zu meiner Laufrichtung bewegt. Zwar sah ich keineswegs die glühende Lava, sondern bloss die darüber flirrende Luft. Zudem dampfte es aus allen Spalten, die sich unter meinen Füssen befanden. Manchmal konnte ich darin einen orange leuchtenden Schein sehen. Als dann plötzlich der Boden unter Knirschen nachgab, verliess mich der Mut. Ich malte mir aus, wie es ist, mit einem Bein im heissem Boden festzustecken und zu spüren, wie es lebendig gegrillt wird. Sofort brach ich mein Vorhaben ab und floh so sorgfältig, wie zielstrebig Richtung Meer zurück ???
Irgendwo muss der aktuelle Lavastrom ja in’s Meer fliessen! Zwar ist es dort vermutlich abgesperrt. Aber man sollte dann bei der Absperrung den die glühende Lava relativ schnell finden. Big Island ist hochinteressant! Wenn man nur etwas mehr Zeit hätte. So ein paar Wochen würde ich es aushalten, ausgerüstet mit einem Geologenhammer und einer guten geologischen Karte.