Woran merkt ein Manager, dass etwas nicht mehr stimmt?

Bei Sigrid Hauer war ich einmal in einem ihrer kurzweiligen Kurse über Storytelling. Ihr Blog Projektgeschichten erinnert mich stets an Ludwig Thomas Lausbubeng’schichten und von da ist es nicht mehr weit zum Münchner im Himmel, sackezement! Einer ihrer letzten Einträge fragt, woran man merkt, dass im Projekt etwas nicht mehr stimmt1. Der Eintrag listet ein paar Beispiele auf, die einer Katastrophe vorangehen, wie

Als Projektleiter steht mein Telefon normalerweise selten still. Doch in letzter Zeit ist es kontinuierlich ruhiger geworden, obwohl die Probleme im Projekt nicht kleiner geworden sind.

oder

Auf einmal gibt es für jedes Gespräch im Projekt ein Protokoll oder mindestens eine „Gesprächsnotiz“, die gerne mit einem umfangreichen Verteiler per e-Mail versandt wird.

Damit bringt Sigrid Hauer das Problem im (Projekt)Management auf den Punkt: Wie können die Schatten erkannt werden, die Probleme voraus werfen? Der Managementalltag ist voll von schwachen Signalen, die Gefahr laufen, in der Hektik unter zu gehen. In 95 oder gar 99,9 Prozent der Fälle macht das nichts, denn die Signale waren nicht nur schwach, sondern hatten auch unwesentliche Ursachen. Doch ganz wenigen hätte der Manager Beachtung schenken sollen, wie er im Nachhinein versteht, wenn die Katastrophe vorüber ist und er auf den Trümmern steht. Aber wie filtert man die wirklich wichtigen Signale heraus? Man kann unmöglich allen Kleinigkeiten nachgehen. Aber auf welche soll man reagieren und auf welche nicht? Sigrid Hauer glaubt, dass es merkliche Veränderungen von marginalen Parametern sind, die uns aufhorchen machen sollten. Die Frequenz der Telefonanrufe geht merklich zurück oder die Anzahl von Geprächsnotizen nimmt beträchtlich zu. Der Manager sollte sich nicht in erster Linie um die gewichtigen Probleme kümmern. Das machen die Mitglieder seines Führungsgremiums schon (Geschäfts- oder Projektleitung). Der Manager sollte vielmehr achtsam bezüglich wesentlichen Veränderungen von Nebesächlichlichkeiten sein.

Wer achtsam ist, bleibt sich der grossen Bedeutung schwacher Signale stets bewusst und begegnet ihnen mit starken Reaktionen. In diesem kontraintuitiven Handeln liegt der Schlüssel zum Management des Unerwarteten.

schreiben Karl Weick und Kathleen Sutcliff2. Achtsamkeit ist das Beachten von Kleinigkeiten. Nicht nur Veränderungen marginaler Parameter, sondern auch

die Tatsache, dass ich die letzte Entscheidung aufgrund der Verfügbarkeitsheuristik gefällt habe,in der Dokumentation ein x anstelle eines u steht oder der Kundenvertreter zwar unmerklich, dafür aber umso ärgerlicher mit den Mundwinkeln gezuckt hat3.

1Hauer, S. Woran merke ich, dass im Projekt etwas nicht stimmt?

2Weick, K und Sutcliff K. Das Unerwartete Manager. Wie Unternehmen aus Extremsituationen lernen. Klett-Cotta Verlag. Stuttgart 2005, S. 15f

3Addor, P. Projektdynamik – Komplexität im Alltag. Verlag Reinhold Liebig, Frauenfeld 2010. S. 220

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