Herkömmliche Projektmanagementmehtodik ist noch nicht alles

Die miserablen Erfolgsquoten von IT-Projekten werden überall mit Erstaunen beobachtet. Martin Cobb hat an der von der Standish Group organisierten Chaos University 1995 das nach ihm benannte Paradoxon geprägt: We know why projects fail, we know how to prevent their failure – so why do they still fail?. Markus Körner vom Institut für Betriebswirtschaft der Universität St. Gallen sagte 2005: Project work is expanding – at a consistently high rate of failure. Peter Morris hielt in seiner Präsentation am IPMA World Congress 2003 in Moskau fest: Our understanding of the central core of generic project management has not changed very much (though it has a little) in the last 20 years or so1. Da muss ich ihm mehr als recht geben. Ich würde sogar sagen, dass der „central core of generic project management“ in den letzten hundert tausend Jahren nicht geändert hat. Ein Jagdprojekt war etwas diffiziles. Der Chef – sprich Projektleiter – musste wissen, wann welches Wild verfügbar ist und seine Männer sorgfältig nach ihren Skills auslesen. Er musste wissen, welche Waffen benötigt werden. Er musste wissen, in welcher Richtung man ziehen will, um innerhalb der gewünschten Zeit die benötigte Menge an Fleisch zu erjagen. Er musste etwas von Taktik verstehen. Etc., etc.

Wirklich im Kern gehen wir bei Projekten generisch immer noch gleich vor. Skeptischer bin ich bei Cobb. Wenn das stimmt, was er sagt, wäre es in der Tat ein Paradoxon. Aber die Misserfolgsfaktoren, die die Standish Group regelmässig aufzählt, sind meines Erachtens nicht die richtigen. Sie wurden von IT-Managern in einer Umfrage genannt. Möglicherweise gehen die Projekte ja schief, weil die IT-Manager auf die falschen Faktoren schauen.

Als „Project Challenged Factors“ nennen sie:
1. Lack of User Input
2. Incomplete Requirements & Specifications 12.3%
3. Changing Requirements & Specifications 11.8%

Als „Project Impaired Factors“ werden genannt:
1. Incomplete Requirements 13.1%
2. Lack of User Involvement 12.4%
3. Lack of Resources 10.6%

Ich werde auf diese Faktoren später zurück kommen. Hier nur soviel: Ich glaube nicht, dass das wirklich die ultimativen Misserfolgsfaktoren sind. Wenn Cobb diese meint, dann kann ich seiner Aussage nicht beipflichten. Allen ist klar, dass die heutigen Projektmanagementkonzepte noch nicht genügen. Alle suchen entweder nach Zusätzen oder nach einem neuen Konzept. Jeder, der meint, ein neues Konzept gefunden zu haben, zitiert gerne die eingangs erwähnten Beobachtungen von Cobb, Körner und Morris. Paul Glen, ein amerikanischer IT Consultant und Computerworld Kolumnist meinte: IT project management is part science and part art. But we, as engineers, have the bias that we can engineer solutions to fundamental human problems. Look for flexible minds, and beware of people who beliefe they know the answer2. Projektmanagement ist weder Wissenschaft noch Kunst. Projektmanagement besteht aus Skills, Regeln und Erfahrungen sowie – vor allem – aus Wissen. Skills und Regeln bekommt man bei den diversen Zertifikaten des PMI und IPMA mit. Was weitgehend noch fehlt, ist Wissen. Wissen um Komplexität und systemische Zusammenhänge. Doch davon im nächsten Beitrag. Wenn Glen mit „beware of people who beliefe they know the answer“ Leute meint, die neue Konzepte vorstellen, dann bin ich ganz auf seiner Linie. Ich habe auch keine ultimativen Lösungskonzepte sondern glaube, dass erst eine grundlegende systemische Bildung eine Verbesserung bringt. Wollen Sie die Lebensverhältnisse von Slumsbewohner verbessern? Dann schicken Sie sie in die Schule! Es existiert ein nachweislicher Zusammenhang zwischen Lebensqualität und Schulbildung. Genau so existiert meines Erachtens ein Zusammenhang zwischen Projekterfolg und systemischer Bildung der Projektmanager. Ganz Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es zur Führung unserer Institutionen – Projekte, Unternehmen, politische Institutionen, etc. – allmählich Zeit wird, dass unsere Bildungsinstitute zu einem völlig neuen Curriculum übergehen müssen. Uns fehlen eine ganz beträchtliche Menge Wissen, um die erhöhte Komplexität zu meistern.

1Stephen Rietiker. Projektbewusstes Management. spm Frühjahrstagung. Zürich 2007. Ich glaube, Rietiker schlägt in der Präsentation genau den richtigen Weg ein. Nur habe ich den Eindruck, dass er nicht richtig aufbricht. Bei jeder Folie denke ich: „Wann kommt er denn jetzt zum Punkt?“ Und dann ist die Präsentation plötzlich fertig.
2Gary Anthes. Projects Get More Troublesome. Computerworld, December 31, 2007.

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